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Look-up statt Lock-down

Ich mach mir ja auch immer so meine Gedanken, was da draußen in der Welt so passiert – und versuche daraus meine Erkenntnisse für mich persönlich und für mein Unternehmen zu finden. Umso mehr habe ich mich gefreut, als Isabella Schöndorfer vom Wörthersee Textstudio mich angerufen und zum einem Interview fürs M.U.T. Magazin eingeladen hat.





"Nimm dir Zeit, Zeit für andere Menschen. Zeit, zuzuhören – man lernt so viel dabei"







Mit Begeisterung habe ich den Artikel in der März-Ausgabe 2021 gelesen – vor allem, was Isabella aus unserem langen Gespräch gezaubert hat. Für alle die es interessiert, gibt's hier die Langversion.


M.U.T.: Was hat dich zum Wandel deines Angebots bewegt? Da lautet die Antwort ganz klar: Die Möglichkeit, etwas zu verändern. Natürlich bin auch ich im März 2020 erstmals in eine Art Schockstarre verfallen. Rückblickend kann ich sagen, dass es vor allem Dankbarkeit ist, die mich in Bewegung hält. Viele Unternehmer-Kollegen aus anderen Branchen haben gar keine Chance, sich neu zu erfinden – siehe Veranstaltungsbranche, Schausteller, Freizeit- und Sportbetriebe oder Hotellerie und Gastronomie. Gerade viele Gespräche mit Kollegen aus diesen Branchen haben mich motiviert, gemeinsame Lösungen zu finden.


M.U.T.: Was genau hast du verändert? In erster Linie habe ich Tempo rausgenommen. Sowohl für meine Kunden als auch für mich. Nach der Schockstarre kam das Gefühl, jetzt müsse man die Welt auf den Kopf stellen, um wieder ins Vollgas zu kommen. Eine neue Webcam da, ein besseres Mikro dort, das perfekte Licht, die beste Internetverbindung, den größten Rabatt – für mich war recht schnell klar: Rein technisch jetzt in Digitalisierung zu investieren und das ganze Angebot nur auf online umzustellen, reicht nicht. Gerade im Bereich des Business-Coachings darf der soziale Raum nicht zu kurz kommen, das persönliche Gespräch, das miteinander Arbeiten. Es geht noch mehr darum, gemeinsam mit meinen Kunden Konzepte zu entwickeln, die nachhaltig funktionieren, weniger darum schnell verkaufbare Ideen rauszuhauen, bei deren Umsetzung die Menschen, die dahinter stehen, verbrennen. Hinter allen Unternehmen, egal wie groß oder klein, stehen echte Menschen mit Familien, mit eigenen Herausforderungen, das wird meiner Meinung nach viel zu oft vergessen.


M.U.T.: Worin liegt nun der Vorteil / die Besonderheit für deinen Kunden? Da fällt mir ein Anruf von einer Kundin ein: Sie hat mich früh morgens angerufen mit einem einzigen Anliegen: „Schenk mir zwei Minuten von deiner Motivation“ – das war ein riesiges Kompliment für mich, weil ich mich genau als das verstehe: als Motivator. Als Impulsgeberin, die dabei hilft, sich als Marke mit dem eigenen Produkt oder der eigenen Dienstleistung zu positionieren. Unternehmer sind für mich herausragende Persönlichkeiten, in denen wahnsinnig viel Innovation, Emotion und Power stecken. Mein Job ist es, diese zu schüren und dann noch werbe- und marketing-technisch mit einer funktionierenden Strategie zu versehen. Das Wissen steckt meist in den Unternehmen selbst, ich schau nur darauf, die richtigen Zahnräder miteinander zu verknüpfen und gegebenenfalls die ein oder andere Schraube anzuziehen. Ich weiß nicht, ob mein Grundsatz „Better together“ mich besonders macht, ich lebe ihn nur mit voller Überzeugung. Mit dem ersten Lockdown habe ich versucht, meine Kunden im Tun zu halten – und das heißt für mich eben auch, gemeinsam Lösungen zu finden. Eine ist, gerade jenen Branchen, die aktuell kaum Möglichkeiten haben, entgegenzukommen. Mal ganz ehrlich: Auch ich würde keinen Cent in mein eigenes Unternehmen investieren, wenn ich noch keine Idee hätte, wann ich tatsächlich wieder Umsätze machen kann. Im Tun-halten heißt für mich, mit jenen Kunden jetzt zu arbeiten und die Zeit für Dinge zu nutzen, die im Tagesgeschäft eher liegen bleiben. Hier habe ich individuelle Verrechnungsmöglichkeiten geschaffen, die Luft zum Atmen lassen.


M.U.T.: Gibt es bereits Erfolgsmeldungen?

Eine Kundin kam mitten im ersten Lockdown – hochqualifiziert, aber vom Arbeitgeber gekündigt. Voll motiviert, jetzt ihr eigenes Unternehmen zu gründen. Angerufen hat sie, weil sie Werbetexte brauchte. Meine erste Frage war: Was genau hast denn vor? Antwort: Bauchladen. Wir sind dann im Sommer 2020 gemeinsam durch den Business-Coaching-Prozess gegangen – von der Ideenfindung bis hin zur Positionierung. Vor Weihnachten flatterte ein kleines Paket mit der Post in mein Büro, mit einem kleinen Notizblock, einem Bleistift und einer Karte dabei mit den Worten: „Zum Schreiben für die nächsten Erfolgsgeschichten – Danke dir, jetzt hab ich Klarheit“. Yes, Punktlandung. Ich bin überzeugt davon, nur mit Klarheit, für was ich stehe, komm ich ans Ziel. Und genau darum geht’s in meinen Business-Coachings.


M.U.T.: Woher holst du dir deine Extraportion Mut und Inspiration – wie bildest du dich weiter?

Klare Antwort: Von den Unternehmern und Unternehmerinnen da draußen. Ich engagiere mich seit weit über zehn Jahren bei „Frau in der Wirtschaft“ und seit letzten Herbst auch als EPU-Sprecherin in Kärnten. Das hat mir die Möglichkeit gegeben, unzählige Unternehmerinnen und Unternehmer quer durchs Land kennen zu lernen – mehr Inspiration kann man nicht bekommen.


Was den Mut angeht – ich denke, wenn der nicht so oder so da wäre, dann hätte ich mich nicht 2007 zur Gründung meines Unternehmens entschieden. Der Begriff „Mut“ hat sich allerdings in den Jahren für mich verändert. Ich bin heute beispielsweise mutig genug, mir einen Tag in der Woche als „Development-Day“ für mein eigenes Unternehmen zu reservieren – weil ich es einfach als essentiell betrachte, sich mit den Entwicklungsmöglichkeiten des eigenen Betriebs auseinander zu setzen. Und: Es funktioniert. Weiterbildung gehört für mich dazu, wie die Luft zum Atmen. Dabei setze ich auf Webinare oder spezifische Fachausbildungen. Was Standard ist: Ich bin zwar selbst Coach, trotzdem bin selbst regelmäßig bei KollegInnen um den Blick aufs Wesentliche zu behalten. Um Hilfe fragen und diese auch annehmen.


M.U.T.: Worin liegen die Hürden – was kann noch besser werden?

Das ist für mich vor allem ein aktuelles Thema. Was unbestritten ist, dass die fehlende Planbarkeit uns alle in den Wahnsinn treibt. Es braucht klare Vorgaben, Rahmenbedingungen und Aussichten. Die Politik darf die Unternehmer nicht mehr vertrösten. Dieses „Licht-an-Licht-aus“ funktioniert nicht mehr. Auch nicht in den Branchen, die noch arbeiten dürfen. Die Wirtschaft ist ein „gemeinsames Ganzes“ und wenn ein Teil dieses Systems derart ausgebremst wird, kippt das ganze System. Hier gilt es akut Lösungen zu finden, weil wir sind schon lang an einer „Situation, an der die wirtschaftlichen Intensivstationen mehr als ausgelastet sind“. Das sind „keine nächsten Wochen mehr entscheidend“, sondern es besteht akuter Handlungsbedarf.


Wenn wir Corona mal außen vor lassen, dann bleiben auch alt-bekannte Themen am Tableau: Infrastruktur. Angefangen von Kinderbetreuungseinrichtungen bis hin zur Digitalisierung. Da besteht Aufholbedarf – besonders in Kärnten, wo wir kaum von urbanen, sondern hauptsächlich von ländlichen Regionen sprechen können. Es kann nicht sein, dass es sich der Unternehmer immer auf Eigenregie richtet, bevor endlich etwas passiert. Denn nur gemeinsam werden wir eine positive Zukunft gestalten.


M.U.T.: Inwiefern siehst du die Krise als Chance?

Nach fast einem Jahr hat diese Chance für mich mehrere Facetten. Einerseits hat das Thema Digitalisierung einen Schub bekommen, der andernfalls wahrscheinlich noch zehn Jahre gebraucht hätte (hier sollte jetzt auch der entsprechende Infrastruktur-Ausbau nachziehen). Andererseits kann ich nur für mich persönlich sprechen: Das letzte Jahr hat uns deutlich gezeigt: Back to the roots. Weg vom Ego-Trip, vom Immer-höher-immer-weiter-Prinzip und vor allem weg vom Perfektionsmus. Versuch-und-Irrtum, ausprobieren – und das vor allem gemeinsam. In Kooperationen, im Denken aneinander. Der Kuchen hat genug Stücke für jeden. Leider reimt es sich nur auf Englisch, aber: Sharing-is-caring hat schon so oft bewiesen, dass es ein guter Weg ist.


M.U.T.: Hast du auch einen spontanen Tipp für unsere Leser parat?

Tipp habe ich keinen, weil da halte ich es mit Bodo Schäfer: Ein Tipp ist meist die Rechtfertigung des eigenen Tuns. Eine Empfehlung, die ich aus eigener Erfahrung geben kann: Nimm dir Zeit, Zeit für andere Menschen. Zeit, zuzuhören – man lernt so viel dabei. Schenke anderen deine Zeit. Kurz: Netzwerke. Fußnote: Netzwerken heißt nicht verkaufen. Netzwerken heißt, Vertrauen aufbauen, aktiv sein. Dann hast du auch in herausfordernden Zeiten ein „Netz“, das dich auffängt. Die grandioseste Aussage eines Kunden im letzten Jahr? „Frau Mayer, eigentlich machen wir ja schon lang alles Inhouse, aber jetzt müssen wir darauf schauen, dass Ihnen nicht langweilig wird.“ Und das ohne Kalt-Akquise. Danke Netzwerk.



 

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